von Amos Oz
Einmal, ich war sieben oder acht
Jahre alt, sagte mir Mutter, [...] es stimme zwar, dass Bücher sich im
Laufe der Jahre verändern könnten, genauso wie Menschen sich mit der
Zeit veränderten, aber der Unterschied liege darin, dass Menschen dich
letztlich fast alle im Stich ließen, sobald sie keinen Nutzen oder keine
Freude oder kein Interesse oder einfach keinen Gefallen mehr an dir
fänden, während Bücher dich niemals im Leben im Stich ließen. Du würdest
sie natürlich gelegentlich beiseite legen, manche sogar viele Jahre
oder auch für immer. Aber sie, die Bücher, würden dir auch dann, auch
wenn du ihnen untreu geworden warst, niemals endgültig den Rücken
kehren: Ganz still und bescheiden würden sie auf dem Regal auf dich
warten, sogar jahrzehntelang würden sie warten, ohne zu klagen. Bis du
eines Nachts plötzlich eines von ihnen brauchtest, und sei es um drei
Uhr früh, und sei es auch ein Buch, das du Jahr um Jahr vernachlässigt,
ja fast aus dem Gedächtnis gelöscht hattest, es wird dich nicht
enttäuschen, sondern vom Regal herunterkommen und in dem Moment bei dir
sein, in dem du es brauchst. Es wird nicht mit dir abrechnen, keine
Ausflüchte erfinden und sich nicht fragen, ob es sich für es lohnt, ob
du es verdienst oder ob du noch zu ihm passt, sondern wird einfach sofort
kommen, wenn du es bittest zu kommen.
Gute Nacht!
Montag, 18. April 2016
Montag, 4. April 2016
Über Vernunft, Weisheit und Leidenschaft
von Cicero
Die Vernunft hat etwas Erhabenes und Großes an sich, das mehr zum Herrschen als zum Gehorchen angelegt ist. Sie erachtet alles rein erdhaft Menschliche für gering. Sie selber ist etwas Großes und Erhabenes, das nichts fürchtet, vor niemandem weicht und immer unbezwinglich bleibt.
Alles wissen wollen, was es auch immer sein mag, ist ein Zeichen von Neugier, aber durch die Beschäftigung mit großen Dingen zum Streben nach Wissenschaft geführt zu werden, darf als Kennzeichen großer Männer gelten.
Nur die Weisheit ist es, welche die Traurigkeit aus den Herzen vertreibt und die uns nicht vor Angst erstarren lässt. Unter ihrem Geleit lässt sich im Seelenfrieden leben, wenn einmal die Glut der Leidenschaften gelöscht ist. Diese nämlich sind unersättlich, sie richten nicht nur den Einzelnen, sondern auch die ganze Familie zugrunde, sie erschüttern sogar den ganzen Staat.
Aus den Leidenschaften und Begierden entstehen Hass, Zerwürfnis, Zwietracht, Aufstand und Krieg. Sie wüten nicht nur nach außen und richten sich im blinden Hass nicht nur gegen Andere, auch drinnen im eigenen Herzen sind sie zerstritten und leben im Widerstreit miteinander. Daraus kann ja nur ein Leben voller Bitterkeit entstehen. Deshalb vermag nur der Weise, der alle Eitelkeit der Welt und allen Irrtum beseitigt hat, der mit den von der Natur gezogenen Grenzen zufrieden ist, ohne Verdruss und Angst zu leben.
Die Vernunft hat etwas Erhabenes und Großes an sich, das mehr zum Herrschen als zum Gehorchen angelegt ist. Sie erachtet alles rein erdhaft Menschliche für gering. Sie selber ist etwas Großes und Erhabenes, das nichts fürchtet, vor niemandem weicht und immer unbezwinglich bleibt.
Alles wissen wollen, was es auch immer sein mag, ist ein Zeichen von Neugier, aber durch die Beschäftigung mit großen Dingen zum Streben nach Wissenschaft geführt zu werden, darf als Kennzeichen großer Männer gelten.
Nur die Weisheit ist es, welche die Traurigkeit aus den Herzen vertreibt und die uns nicht vor Angst erstarren lässt. Unter ihrem Geleit lässt sich im Seelenfrieden leben, wenn einmal die Glut der Leidenschaften gelöscht ist. Diese nämlich sind unersättlich, sie richten nicht nur den Einzelnen, sondern auch die ganze Familie zugrunde, sie erschüttern sogar den ganzen Staat.
Aus den Leidenschaften und Begierden entstehen Hass, Zerwürfnis, Zwietracht, Aufstand und Krieg. Sie wüten nicht nur nach außen und richten sich im blinden Hass nicht nur gegen Andere, auch drinnen im eigenen Herzen sind sie zerstritten und leben im Widerstreit miteinander. Daraus kann ja nur ein Leben voller Bitterkeit entstehen. Deshalb vermag nur der Weise, der alle Eitelkeit der Welt und allen Irrtum beseitigt hat, der mit den von der Natur gezogenen Grenzen zufrieden ist, ohne Verdruss und Angst zu leben.
Gute Nacht!
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