Sonntag, 18. August 2013

Wie der Wille alles vermag und wie alle Tugend am guten Willen liegt

von Meister Eckhart

Der Mensch soll sich durch gar nichts entmutigen lassen, solang er sich guten Willens weiß. Und soll sich nicht betrüben, wenn es ihm schwer wird, den Willen zur Tat zu vollbringen.
Ja, er soll sich dem Guten nicht mehr ferne glauben, wenn er den rechten guten Willen in sich findet. Es fehlt dir nichts mehr, wenn du echten rechten Willen hast. Weder Minne noch Demut noch sonst eine Tugend, sondern was du mit aller Kraft und ganzem Willen willst, das hast Du schon und kein Gott und keine Kreatur kann dir's rauben! Wenn dein Wille ein ganzer ist und Gottes wegen will und vor ihm gegenwärtig stehe. Kein "Ich wollte wohl", nein, das wäre Künftiges, sondern "Ich will", dass es jetzt so also sei!
Hab acht, wär ein Ding auch tausend Meilen weg und ich will es haben, so ist es noch eigentlicher mein Eigen, als was ich in meinem Schoß halte, ohne seiner zu begehren.
Es kommt alles auf den Willen an und da ist denn der gute nicht minder kräftig zum Guten als der böse zum Bösen. Das lass dir gesagt sein, wenn ich auch nie die böse Tat vollbringe und habe doch den Willen zum Bösen, so hab ich die Sünde, als hätte ich schon die Tat selbst vollbracht.
Ich kann mit einem einzigen gründlich bösen Wollen so schwere Sünde tun, als hätte ich alle Welt gemordet und hab doch keinen Finger dazu gerührt. Warum nun sollte solche Macht nicht auch der gute Wille haben? Ja! Noch viel, viel mehr.


Gute Nacht!

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