Montag, 14. Juli 2014

Feier

von Pablo Neruda
Ziehen wir also die Schuhe an,
das gestreifte Hemd, den blauen Anzug,
wenn auch die Ellbogen schon glänzen,
ziehen wir ein Feuerwerk ab mit bengalischem Licht
und in Strömen lasst ziehen Wein und Bier
von der Kehle zur Sohle hinunter!

Denn gebührend soll sie gefeiert sein die gewaltige Zahl,
die uns so viel Zeit gekostet hat,
so viele Jahre und Tage zu Bündeln gepackt,
so viel Stunden, so viel Millionen von Minuten,
feiern wir also den großen Eröffnungstag!

Lasst die Pfropfen knallen,
dass wir uns eingießen all die aufgesparten Freuden.
Schnappen wir uns eine hergelaufene, lockere Braut,
die einen festlichen Biss sich gefallen lässt.

Heut ist es soweit, heut ist es da.
Wir betreten den Teppich des unbekannten Jahrtausends.
Das Herz, der Mandelkern der steigenden Epoche,
die ausgereifte Traube wird uns zu eigen sein.
Und es wird die Wahrheit sein,
die langerwartete Wahrheit!

Indessen wächst ein Blatt im Laub der beginnenden Zeit hinzu,
Zweig um Zweig verkreuzt sich das Gezweig,
Blatt um Blatt werden die Tage steigen
und Frucht um Frucht wird der Friede kommen.
Der Baum des Glückes bildet sich aus der blutroten trotzigen Wurzel,
die weiterlebt, weil sie das Wasser sucht,
die Wahrheit, das Leben!

Gute Nacht!

4 Kommentare:

  1. Neruda hat mich hierher geführt. Ich werde stöbern...

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    1. Wow, das dürfte der allererste Kommentar in diesem Blog sein. Danke dafür! :)

      Ja, da ich ja bei den Nachtgedanken eine gewisse Vielfalt präsentieren möchte, muss ich mich doch immer ein bisschen zusammenreissen, dass ich hier nicht ständig nur Texte von Pablo Neruda veröffentliche. Denn für mich ist er einer der ganz Großen!

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    2. Ich suche die Ode an die Katze. Hast du die auch?

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    3. Veröffentlicht noch nicht.
      Aber in meinem "Fundus" befindet sie sich durchaus. Wird also auch irgendwann mal drankommen. :)

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