von Boethius
Einige, die es für das höchste Glück
halten, an nichts Mangel zu haben, setzen ihre Mühen daran, in Reichtum
zu schwimmen; andere erkennen als das Gute dasjenige, was der Verehrung
am würdigsten ist; so streben sie danach, Auszeichnungen zu erlangen
und bei ihren Mitbürgern in, höchster Achtung zu stehen.
Manche
setzen das höchste Gut in die höchste Macht; sie versuchen, selbst zu
herrschen oder sich an die Herrscher zu drängen. Diejenigen wiederum,
denen Berühmtheit als das Beste erscheint, eifern danach, mit den
Künsten des Krieges oder des Friedens die Herrlichkeit ihres Namens
auszubreiten. Weitaus die meisten messen die Frucht des Guten ab nach
Freude und Heiterkeit; sie halten es für das Allerglücklichste, in
Vergnügungen zu zerfließen. Manche vertauschen auch die einzelnen Zwecke
und Ursachen miteinander: sie ersehnen dann Reichtum um der Macht und
Lust willen, oder Macht um des Geldes oder der Verbreitung ihres Namens
willen. Um diese und ähnliche Absichten kreisen alle menschlichen
Handlungen und Wünsche, wie denn Adel und Volksgunst eine Art Glanz zu
verleihen scheinen, wie man Weib und Kind um der Lieblichkeit willen
sucht; Freundschaft aber, die lauterste Art, ist nicht zum Glück,
sondern zur Tugend zu zählen. Alles übrige aber eignet man sich um der
Macht oder um des Ergötzens willen an. Daß auch die Güter des Körpers zu
den oben genannten zu rechnen sind, liegt auf der Hand. Denn Stärke und
Größe scheinen Tüchtigkeit zu verleihen, Schönheit und Behendigkeit
Ansehen, Gesundheit Vergnügen zu gewähren; es ist klar, daß in allem
diesem nur die Glückseligkeit gewünscht wird; denn was jemand vor allem
andern erstrebt, das hält er für das höchste Gut. Aber wir haben als
höchstes Gut die Glückseligkeit bestimmt, also hält jeder den Zustand
für glückselig, den er vor andern erstrebt.
Gute Nacht!
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