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Samstag, 13. Januar 2018

Sozusagen grundlos vergnügt

von Mascha Kaléko
Ich freu mich, dass am Himmel Wolken ziehen
Und dass es regnet, hagelt, friert und schneit.
Ich freu mich auch zur grünen Jahreszeit,
Wenn Heckenrosen und Holunder blühen.
– Dass Amseln flöten und dass Immen summen,
Dass Mücken stechen und dass Brummer brummen.
Dass rote Luftballons ins Blaue steigen.
Dass Spatzen schwatzen. Und dass Fische schweigen.

Ich freu mich, daß der Mond am Himmel steht
Und dass die Sonne täglich neu aufgeht.
Dass Herbst dem Sommer folgt und Lenz dem Winter,
Gefällt mir wohl. Da steckt ein Sinn dahinter,
Wenn auch die Neunmalklugen ihn nicht sehn.
Man kann nicht alles mit dem Kopf verstehn!
Ich freue mich. Das ist des Lebens Sinn.
Ich freue mich vor allem, dass ich bin.

In mir ist alles aufgeräumt und heiter:
Die Diele blitzt. Das Feuer ist geschürt.
An solchem Tag erklettert man die Leiter,
Die von der Erde in den Himmel führt.
Da kann der Mensch, wie es ihm vorgeschrieben,
– Weil er sich selber liebt – den Nächsten lieben.
Ich freue mich, dass ich mich an das Schöne
Und an das Wunder niemals ganz gewöhne.
Dass alles so erstaunlich bleibt, und neu!
Ich freu mich, dass ich . . . Dass ich mich freu.

Gute Nacht!

Montag, 12. Januar 2015

Lebenspflichten

von Ludwig Christoph Heinrich Hölty
Rosen auf den Weg gestreut,
Und des Harms vergessen!
Eine kleine Spanne Zeit
Ward uns zugemessen.

Heute hüpft, im Frühlingstanz,
Noch der frohe Knabe;
Morgen weht der Todtenkranz
Schon auf seinem Grabe.

Wonne führt die junge Braut
Heute zum Altare;
Eh die Abendwolke thaut,
Ruht sie auf der Bahre.

Ungewisser, kurzer Daur
Ist dies Erdeleben;
Und zur Freude, nicht zur Traur,
Uns von Gott gegeben.

Gebet Harm und Grillenfang,
Gebet ihn den Winden;
Ruht, bey frohem Becherklang,
Unter grünen Linden.

Laßet keine Nachtigall
Unbehorcht verstummen,
Keine Bien', im Frühlingsthal,
Unbelauschet summen.

Fühlt, so lang es Gott erlaubt,
Kuß und süße Trauben,
Bis der Tod, der alles raubt,
Kommt, sie euch zu rauben.

Unser schlummerndes Gebein,
In die Gruft gesäet,
Fühlet nicht den Rosenhayn,
Der das Grab umwehet.

Fühlet nicht den Wonneklang
Angestoßner Becher;
Nicht den frohen Rundgesang
Weingelehrter Zecher.

Gute Nacht!

Montag, 14. Juli 2014

Feier

von Pablo Neruda
Ziehen wir also die Schuhe an,
das gestreifte Hemd, den blauen Anzug,
wenn auch die Ellbogen schon glänzen,
ziehen wir ein Feuerwerk ab mit bengalischem Licht
und in Strömen lasst ziehen Wein und Bier
von der Kehle zur Sohle hinunter!

Denn gebührend soll sie gefeiert sein die gewaltige Zahl,
die uns so viel Zeit gekostet hat,
so viele Jahre und Tage zu Bündeln gepackt,
so viel Stunden, so viel Millionen von Minuten,
feiern wir also den großen Eröffnungstag!

Lasst die Pfropfen knallen,
dass wir uns eingießen all die aufgesparten Freuden.
Schnappen wir uns eine hergelaufene, lockere Braut,
die einen festlichen Biss sich gefallen lässt.

Heut ist es soweit, heut ist es da.
Wir betreten den Teppich des unbekannten Jahrtausends.
Das Herz, der Mandelkern der steigenden Epoche,
die ausgereifte Traube wird uns zu eigen sein.
Und es wird die Wahrheit sein,
die langerwartete Wahrheit!

Indessen wächst ein Blatt im Laub der beginnenden Zeit hinzu,
Zweig um Zweig verkreuzt sich das Gezweig,
Blatt um Blatt werden die Tage steigen
und Frucht um Frucht wird der Friede kommen.
Der Baum des Glückes bildet sich aus der blutroten trotzigen Wurzel,
die weiterlebt, weil sie das Wasser sucht,
die Wahrheit, das Leben!

Gute Nacht!

Freitag, 21. März 2014

Die schwersten Wege

von Hilde Domin
 
Die schwersten Wege
werden alleine gegangen,
die Enttäuschung, der Verlust,
das Opfer,
sind einsam.
Selbst der Tote der jedem Ruf antwortet
und sich keiner Bitte versagt
steht uns nicht bei
und sieht zu
ob wir es vermögen.
Die Hände der Lebenden die sich ausstrecken
ohne uns zu erreichen
sind wie die Äste der Bäume im Winter.
Alle Vögel schweigen.
Man hört nur den eigenen Schritt
und den Schritt den der Fuß
noch nicht gegangen ist aber gehen wird.
Stehenbleiben und sich Umdrehn
hilft nicht. Es muss
gegangen sein.
Nimm eine Kerze in die Hand
wie in den Katakomben,
das kleine Licht atmet kaum.
Und doch, wenn du lange gegangen bist,
bleibt das Wunder nicht aus,
weil das Wunder immer geschieht,
und weil wir ohne die Gnade
nicht leben können:
die Kerze wird hell vom freien Atem des Tags,
du bläst sie lächelnd aus
wenn du in die Sonne trittst
und unter den blühenden Gärten
die Stadt vor dir liegt,
und in deinem Hause
dir der Tisch weiß gedeckt ist.
Und die verlierbaren Lebenden
und die unverlierbaren Toten
dir das Brot brechen und den Wein reichen -
und du ihre Stimmen wieder hörst
ganz nahe
bei deinem Herzen. 

Gute Nacht!

Dienstag, 10. Dezember 2013

Über die Lebenskunst

von Christoph Martin Wieland

Genieße was du hast, als ob du noch heute sterben solltest,
aber spar es auch, als ob du ewig lebtest.
Der allein ist weise, der, beides eingedenk, im Sparen zu genießen, im Genuss zu sparen weiß.

und Baruch de Spinoza

Die Vernunft ist mein Genuss, und das Ziel, wonach ich in diesem Leben strebe, ist die Freude und die Heiterkeit. Die Freude kann niemals schlecht sein, sofern sie durch das Gesetz unseres wahren Nutzens geregelt ist. Das tugendhafte Leben ist kein trauriges und düsteres Leben voll Entbehrungen und Strenge. Wie könnte die Gottheit am Schauspiel meiner Schwäche Gefallen finden, mir Tränen, Schluchzen und Schrecken zugute rechnen, die Zeichen einer ohnmächtigen Seele?
Ja, ein weiser Mensch soll die Dinge des Lebens benützen und sich ihrer soviel als möglich erfreuen, sich durch mäßige und angenehme Nahrung kräftigen, seine Sinne durch den Duft und die grünende Pracht der Pflanzen entzücken, selbst seine Kleidung schmücken, sich der Musik erfreuen, durch Spiele und Theater, durch alle Belustigungen, welche ein jeder sich gönnen kann, ohne Schaden für seine Person.
 
Gute Nacht!
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