von Cicero
Die Freundschaft ist nichts anderes als vollkommenste Übereinstimmung in
allen göttlichen und menschlichen Dingen, mit Wohlwollen und
liebevoller Achtung verbunden. Mit Ausnahme der Weisheit glaube ich
nicht, dass den Menschen von den Göttern etwas Besseres verliehen sei.
Einige ziehen den Reichtum vor, andere eine feste Gesundheit, andere
Macht, noch andere Ehrenstellen, viele sogar die sinnlichen Lüste. Das
letzte ist tierisch; die anderen Güter aber sind vergänglich und
ungewiss; auch hängen sie nicht von unserer Einsicht, sondern von den
Launen des Glückes ab. Wer das höchste Glück in die Tugend setzt, zeigt
dadurch eine herrliche Gesinnung; die Tugend gerade aber ist es, welche
die Freundschaft erzeugt und erhält, und ohne Tugend findet Freundschaft
sich auf keine Weise.
Die hohe Bedeutung der Freundschaft ergibt sich
vornehmlich daraus, dass aus der unendlich großen Gesellschaft des
menschlichen Geschlechts überhaupt, die schon die Natur gestiftet hat,
dies Verhältnis sich so zusammengezogen und eingeengt hat, dass sich das
Band der Wertschätzung immer nur zwischen zwei oder wenigen Personen
anknüpft. Nichts ist der Natur so angemessen, nichts unseren
Bedürfnissen im Glück und Unglück so zusagend wie Freundschaft.
Dem
Glück verleiht die Freundschaft schöneren Glanz. Widerwärtiges
erleichtert sie durch Mitgefühl und Teilnahme.
Die aus dem Leben die
Freundschaft wegnehmen, nehmen aus dem Weltenraum die Sonne weg. Weil der regelrechte Ratgeber der wahren
Freundschaft die Tugend ist, so wird es eine schwierige Sache sein, eine
Freundschaft aufrechtzuerhalten, wenn Du vom Wege der Tugend abgewichen
bist. Die meisten Menschen wollen törichter-, um nicht zu sagen
unverschämterweise einen Freund besitzen, wie sie selbst nicht sein
können; und was sie selbst ihren Freunden nicht zu leisten vermögen, das
verlangen sie von ihnen.
Wer sein Ohr der Wahrheit so verschließt, dass er sie nicht einmal
von seinen Freunden hören will, an dessen Rettung ist zu zweifeln.
Gute Nacht!
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