Montag, 7. August 2017

So fließt das Leben dahin

von Blaise Pascal

Die Menschen haben einen geheimen Trieb, der sie dazu bringt das Vergnügen und die Beschäftigung außen zu suchen, der aus dem Gefühl ihres beständigen Elends hervorgeht. Und sie haben einen andern Geheimen Trieb, der von der Größe ihrer ersten Natur übrig ist, der ihnen zu erkennen gibt: das Glück sei in Wahrheit nur in der Ruhe. Und aus diesen beiden widerstreitenden Trieben bildet sich in ihnen ein verworrner Lebensplan, der sich ihrem Blick in der Tiefe ihrer Seele verbirgt, der sie veranlaßt durch unruhige Geschäftigkeit nach der Ruhe zu streben und sich immer ein zu bilden: die Befriedigung, die sie nicht haben, werde kommen, wenn sie einige Schwierigkeiten, die sie vor Augen sehen, übersteigen und sich dadurch die Pforte zur Ruhe eröffnen können.
So verfließt das ganze Leben. Man sucht die Ruhe, indem man einige Hindernisse bekämpft und wenn man sie überstiegen hat, wird die Ruhe unerträglich. Denn man denkt entweder an die Uebel, die man hat, oder an die, von welchen man bedroht wird. Und wenn man sich auch von allen Seiten sicher sähe, so würde doch die Langeweile nicht säumen in eigner Kraft aus dem Grund des Herzens, wo sie natürliche Wurzeln hat, hervor zu kommen und den Geist mit ihrem Gift zu erfüllen.
[...] Ich tadle gleicher Weise so wohl die, welche den Entschluß fassen den Menschen zu loben als die, welche sich entschließen ihn zu tadeln als auch die, welche sich entschließen ihn zu zerstreuen und ich kann nur die suchen mit Seufzen.


Gute Nacht!

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