Mittwoch, 25. Mai 2016

Des Abends Brauen sind eingesunken

von Sergej Jessenin

Des Abends Brauen sind eingesunken,
Fremde Pferde stehn unten vorm Haus.
Hab' ich gestern die Jugend vertrunken?
War die Liebe zu dir gestern aus?

Knarre doch nicht, du verspäteter Wagen!
Wie unser Leben so spurlos verfliegt!
Morgen ist es das Krankenhauslager,
Das dann vielleicht auf immer mich wiegt.

Morgen vielleicht, ein anderer wieder,
Geh' ich geheilt die Straße voran,
Höre die Blätter, des Regens Lieder -
Davon erblühen die Kräfte im Mann.

Dann vergeß ich die Nacht und die Lüge,
Alles, was quälend mich fast zerbricht.
Antlitz, liebendes! Trauteste Züge!
Dich alleine vergesse ich nicht.

Mag ich mir auch eine andre erwählen,
Will ich doch ihr, zu der ich entbrannt,
Auch von dir, Geliebte, erzählen,
Die ich einstmals Liebste genannt.

Wie unser Leben, das nie verflossen,
Hinfloß, erzähl ich ihr später bei Nacht ...
Du mein Kopf, voller Streiche und Possen,
Wozu hast du mich wieder gebracht?

Gute Nacht!

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