Dienstag, 10. Dezember 2013

Über die Lebenskunst

von Christoph Martin Wieland

Genieße was du hast, als ob du noch heute sterben solltest,
aber spar es auch, als ob du ewig lebtest.
Der allein ist weise, der, beides eingedenk, im Sparen zu genießen, im Genuss zu sparen weiß.

und Baruch de Spinoza

Die Vernunft ist mein Genuss, und das Ziel, wonach ich in diesem Leben strebe, ist die Freude und die Heiterkeit. Die Freude kann niemals schlecht sein, sofern sie durch das Gesetz unseres wahren Nutzens geregelt ist. Das tugendhafte Leben ist kein trauriges und düsteres Leben voll Entbehrungen und Strenge. Wie könnte die Gottheit am Schauspiel meiner Schwäche Gefallen finden, mir Tränen, Schluchzen und Schrecken zugute rechnen, die Zeichen einer ohnmächtigen Seele?
Ja, ein weiser Mensch soll die Dinge des Lebens benützen und sich ihrer soviel als möglich erfreuen, sich durch mäßige und angenehme Nahrung kräftigen, seine Sinne durch den Duft und die grünende Pracht der Pflanzen entzücken, selbst seine Kleidung schmücken, sich der Musik erfreuen, durch Spiele und Theater, durch alle Belustigungen, welche ein jeder sich gönnen kann, ohne Schaden für seine Person.
 
Gute Nacht!

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