von Jean-Jacques Rousseau
Stets
würde ich der Natur so nahe als möglich bleiben, um den Sinnen, die ich
aus ihrer Hand empfangen habe, zu schmeicheln, da ich mich nicht gegen
die Ueberzeugung zu verschließen vermag, daß ich desto wahreren Genuß
finden würde, je mehr ich ihn aus der Natur schöpfte. Bei der Wahl zur
Nachbildung bestimmter Gegenstände würde ich sie beständig zum Muster
nehmen; bei der Befriedigung meiner Begierden würde ich ihr stets den
Vorzug einräumen; in Sachen des Geschmacks würde mir stets zu Rate
ziehen; von den Speisen würden mir stets diejenigen am besten gefallen,
zu deren Zubereitung sie selbst das meiste beigetragen hat, und die
durch die wenigsten Hände zu gehen brauchen, ehe sie auf unseren Tisch
gelangen. Den Fälschungen, mit denen man uns zu täuschen sucht, würde
ich vorbeugen; dem Vergnügen würde ich entgegenkommen. Meine törichte
und rohe Eßlust würde keinen Haushofmeister bereichern. Er sollte mir
nicht schweres Gold wie Gift wirkende Leckerbissen verkaufen.Meine Tafel
sollte gewiß nicht mit dem Prunk kostbaren Schmutzes und aus weiter
Ferne herbeigeschafften Aases besetzt werden. Ich würde mich zur
Befriedigung meiner Sinnlichkeit keine Mühe verdrießen lassen, weil
diese Mühe schon an und für sich ein Vergnügen ist und das erwartete
dadurch erhöht. Gelüftete es mich nach einem Gericht vom äußersten Ende
der Welt her, so würde ich lieber, wie Apicius, mich aufmachen, um es an
Ort und Stelle zu genießen, als es mir kommen zu lassen; denn auch den
ausgesuchtesten Speisen fehlt es stets an einer Würze, die man nicht
gleichzeitig mit ihnen versenden kann und die kein Koch zu ersetzen
vermag: die Luft des Klimas, welches sie hervorgebracht hat.
Gute Nacht!
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