von Arthur Schopenhauer
Wie die zahlreichste Bibliothek, wenn ungeordnet, nicht so viel Nutzen schafft, als eine sehr mäßige, aber wohlgeordnete; eben so ist die größte Menge von Kenntnissen, wenn nicht eigenes Denken sie durchgearbeitet hat, viel weniger wert, als eine weit geringere, die aber vielfältig durchdacht worden. Denn erst durch das allseitige Kombinieren dessen, was man weiß, durch das Vergleichen jeder Wahrheit mit jeder andern, eignet man sein eigenes Wissen sich vollständig an und bekommt es in seine Gewalt. Durchdenken kann man nur, was man weiß; daher man etwas lernen soll: aber man weiß auch nur, was man durchdacht hat.
Nun aber kann man sich zwar willkürlich applizieren auf Lesen und Lernen; auf das Denken hingegen eigentlich nicht. Dieses nämlich muß, wie das Feuer durch einen Luftzug, angefacht und unterhalten werden durch irgend ein Interesse am Gegenstande desselben; welches entweder ein rein objektives, oder aber bloß ein subjektives sein mag. Das letztere ist allein bei unsern persönlichen Angelegenheiten vorhanden; das erstere aber nur für die von Natur denkenden Köpfe, denen das Denken so natürlich ist, wie das Atmen, welche aber sehr selten sind.
Gute Nacht!
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