von Rabindranath Tagore
Von
seinem ewigen Thron kommt Christus auf die Erde hernieder, wo er vor
langer Zeit im bitteren Kelch des Todes sein unsterbliches Leben für die
verströmte, die seinem Rufe folgten und für die, welche fernblieben. Er
blickt um sich und sieht die Waffen des Bösen, die schon seine Zeit
verwundeten. Die anmaßlichen Lanzen und Speere, die spitzen
hinterlistigen Dolche, die Krummsäbel in hüllender Scheide, krumm und
grausam, zischen und sprühen Funken, während sie an Riesenrädern
geschärft werden.
Aber die furchtbarsten von allen in den Händen der
Schlächter sind die Waffen, auf denen sein Name eingegraben ist. Die
nach den heiligen Texten seiner eigenen Worte im Feuer des Hasses
geschmiedet und mit heuchlerischer Gier gehämmert sind.
Er presst
seine Hand auf sein Herz, er fühlt, dass der jahrtausendelange
Augenblick seines Todes noch nicht zu Ende ist, dass unzählige neue
Nägel, die geschmiedet sind von denen, die meisterlich ihr Handwerk
verstehen, ihn am ganzen Körper durchbohren. Sie hatten ihn einst
verwundet im Schatten ihrer Tempelstele. Sie werden immer wieder in
Scharen geboren. Vor ihren geweihten Altären stehend rufen sie: "Schlagt
zu!".
Und der Menschensohn schreit in seiner Qual: "Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen?".
Gute Nacht!
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