Freitag, 25. Dezember 2015

Sein Tod ist noch nicht zu Ende

von Rabindranath Tagore
Von seinem ewigen Thron kommt Christus auf die Erde hernieder, wo er vor langer Zeit im bitteren Kelch des Todes sein unsterbliches Leben für die verströmte, die seinem Rufe folgten und für die, welche fernblieben. Er blickt um sich und sieht die Waffen des Bösen, die schon seine Zeit verwundeten. Die anmaßlichen Lanzen und Speere, die spitzen hinterlistigen Dolche, die Krummsäbel in hüllender Scheide, krumm und grausam, zischen und sprühen Funken, während sie an Riesenrädern geschärft werden.
Aber die furchtbarsten von allen in den Händen der Schlächter sind die Waffen, auf denen sein Name eingegraben ist. Die nach den heiligen Texten seiner eigenen Worte im Feuer des Hasses geschmiedet und mit heuchlerischer Gier gehämmert sind.
Er presst seine Hand auf sein Herz, er fühlt, dass der jahrtausendelange Augenblick seines Todes noch nicht zu Ende ist, dass unzählige neue Nägel, die geschmiedet sind von denen, die meisterlich ihr Handwerk verstehen, ihn am ganzen Körper durchbohren. Sie hatten ihn einst verwundet im Schatten ihrer Tempelstele. Sie werden immer wieder in Scharen geboren. Vor ihren geweihten Altären stehend rufen sie: "Schlagt zu!".
Und der Menschensohn schreit in seiner Qual: "Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen?".

Gute Nacht!

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