von Robert Musil
Die Vorliebe für
schlechte Gewohnheiten ist ein bestimmter Grad des Vertrauens in die
Aufgaben der Menschheit. Man nimmt sie an, weil der, der sie hat, das
große Wort führt. Weil er imponiert. Weil sie Mode sind. Weil man sie
täglich sieht und hört. Weil sie bequem sind und man selbst nicht gern
nachdenkt. Aber in erster Linie nimmt man sie wohl doch nur deshalb an,
weil sie eben keine guten sind. Wir haben ein sehr bescheidenes
Misstrauen gegen das Gute: wir haben uns die Vorstellung geschaffen,
dass der Himmel fleischlos, alkoholfrei, für Nichtraucher und unendlich
weit von uns entfernt sei. Wir fühlen uns erst, wen wir uns recht
schlecht aufführen, einigermaßen sicher, dass wir uns nicht geziert
betragen. Wir leiden unter der Unbegreiflichkeit, dass wir irgendwann
das, was wir nicht tun mögen, das Gute genannt haben, und halten uns
nicht für berufen, es weiter darin zu bringen, als seither unbedingt
nötig ist. Woher es kommt, dass wir uns sicherer fühlen, wenn wir uns
nicht zu hoch erheben, ist gewiss sehr schwer zu erklären; sagen wir
doch sogar, dass die Lügen kurze Beine haben, um zu rechtfertigen, dass
wir sie lieben!
Gute Nacht!
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen