von Kurt Tucholsky
Nachmittags lagen sie im Boot. Der Himmel war klar, noch einmal gab der Sommer seine Wärme.
Dies
ist der letzte der drei Tage! Aber ich bin so froh wie am ersten. Jung
sein, voller Kraft sein, eine Reihe leuchtender Tage – das kommt nie
wieder! Heiter Glück verbreiten! – Wir wollen uns Erinnerungen machen,
die Funken sprühen! Wir haben alles voraus – heute! Mögen die in den
Gräbern die Fäuste schütteln, mögen die Ungeborenen lächeln – wir sind!
Alle sollen freudig sein! Kämpfen – aber mit Freuden! – Dreinhauen –
aber mit Lachen! Mädchen, was zieht ihr mit Ketten schwer beladen
einher? – Schüttelt sie ab. Sie sind leicht! – Sie sind hohl! – Tanzt,
tanzt! –
[...]
Die beiden trieben ab, das Boot schwankte, bewegt
durch das Schaukeln der Lachenden. Und wieder trug sie die Strömung
dahin, der fächelnde Wind kräuselte das Wasser, brachte frischere Lüfte
... Einmal legte die Claire die Hand auf den Bootsrand: diese ein wenig
knochige und männliche Hand, auf deren Rücken blaßblaue Adern sich
strafften; sah man aber die holzgeschnitzten, langen Finger, so ahnte
man, es war eine erfahrene Hand. Diese Fingerspitzen wußten um die
Wirkung ihrer Zärtlichkeiten, kräftig und sicher spielten die Gelenke
... Die Hand hing im Wasser und zog einen quirlenden Streif. Dunkelgrün
und klar lagen die Ufer weit zurück.
Leuchtender, leuchtender Tag! –
Da-sein, voraussetzungsloses Dasein und immerfort wissen, dass eine ist,
die gleich fühlt, gleich denkt ... (Denkt, fühlt sie wirklich? Aber ist
das nicht einerlei, wenn wir nur glauben?) Nun, wir glauben eben
einmal, dass wir uns nur deshalb nicht begegnen, weil wir nebeneinander
demselben Ziele zulaufen, gleich strebend, parallel – ... Dies zu wissen
– das ist Glück Ein Seitenblick genügt: all deine Empfindungen sind
hier noch einmal, aber umkleidet mit dem Reiz des Fremden. Wozu noch
sprechen? – Wir wissen ohnehin. Wozu versichern, betonen? – Wir wissen,
wir wissen. Und das Erlebnis und ich und sie – das gibt einen Klang,
einen guten Dreiklang.
Gute Nacht!
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