von Max Frisch
Was
wichtig ist: Das Unsagbare, das Weiße zwischen den Worten, und immer
reden diese Worte von den Nebensachen, die wir eigentlich nicht meinen.
Unser Anliegen, das eigentliche, lässt sich bestenfalls umschreiben, und
das heisst ganz wörtlich: man schreibt darum herum: Man umstellt es.
Man gibt Aussagen, die nie unser eigentliches Erlebnis enthalten, das
unsagbar bleibt; sie können es nur umgrenzen, möglichst nahe und das
Eigentliche, das Unsagbare erscheint bestenfalls als Spannung zwischen
diesen Aussagen. Unser Streben geht vermutlich dahin, alles
auszusprechen, was sagbar ist; die Sprache ist wie ein Meissel, der
alles weghaut, was nicht Geheimnis ist und alles Sagen bedeutet ein
Entfernen. Es dürfte uns insofern nicht erschrecken, dass alles, was
einmal zu Wort wird, einer gewissen Leere anheim fällt. Man sagt, was
nicht das Leben ist. Man sagt es um des Lebens willen. Wie der
Bildhauer, wenn er den Meissel führt, arbeitet die Sprache, indem sie
die Leere, das Sagbare vorantreibt gegen das Geheimnis, gegen das
Lebendige. Immer besteht die Gefahr, dass man das Geheimnis zerschlägt,
und ebenso die andere Gefahr, dass man vorzeitig aufhört, dass man es
einen Klumpen sein lässt, dass man das Geheimnis nicht stellt, nicht
fasst,nicht befreit von allem, was immer noch sagbar wäre, kurzum, dass
man nicht vordringt zu seiner letzten Oberfläche.
Diese
Oberfläche letztlich allen Sagbaren, die eins sein müsste mit der
Oberfläche des Geheimnisses, diese stofflose Oberfläche, die es nur für
den Geist gibt und nicht in der Natur, wo es auch keine Linie gibt
zwischen Berg und Himmel, vielleicht ist es das, was man die Form nennt?
Eine Art tönender Grenze - .
Gute Nacht!
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