von Blaise Pascal
Wir halten uns nie
an die Gegenwart. Wir rufen uns die Vergangenheit zurück; wir greifen
der Zukunft vor, als käme sie zu langsam und als wollten wir ihr
Eintreten beschleunigen, oder wir rufen uns die Vergangenheit zurück,
als wollten wir sie festhalten, da sie zu schnell vorübereilte, wir sind
so unklug, dass wir in Zeiten umherirren, die nicht die unsrigen sind,
und nicht an die einzige denken, die uns gehört, und wir sind so eitel,
dass wir an jene denken, die nichts sind, und uns unüberlegt der
einzigen entziehen, die weiterbesteht. Das kommt daher, weil die
Gegenwart uns meistens weh tut. Wir verbergen sie unserem Blick, weil
sie uns betrübt, und wenn sie uns angenehm ist, bedauern wir, sie
entschwinden zu sehen. Wir bemühen uns, sie durch die Zukunft
abzusichern, und meinen die Dinge zu ordnen, die nicht in unserer Macht
stehen, und das für eine Zeit, die zu erreichen für uns ganz ungewiss
ist.
Jeder prüfe seine Gedanken. Er wird finden, dass sie ganz mit
der Vergangenheit oder der Zukunft beschäftigt sind. Wir denken fast
überhaupt nicht an die Gegenwart, und wenn wir an sie denken, so nur, um
aus ihr die Einsicht zu gewinnen, mit der wir über die Zukunft verfügen
wollen. Die Gegenwart ist niemals unser Ziel.
Die Vergangenheit und
die Gegenwart sind unsere Mittel; allein die Zukunft ist unser Ziel.
Deshalb leben wir nie, sondern hoffen auf das Leben, und da wir uns
ständig bereit halten, glücklich zu werden, ist es unausbleiblich, dass
wir es niemals sind, wenn wir nicht eine andere Glückseligkeit ersehnen
als die, die uns im Leben erfreuen kann.
Unsere Einbildung vergrößert
den Augenblick durch ständig darüber angestellte Betrachtungen so sehr
und verkleinert die Ewigkeit aus mangelnder Betrachtung derart, dass wir
aus der Ewigkeit ein Nichts und aus dem Nichts eine Ewigkeit machen;
und all das hat so kräftige Wurzeln in uns, dass all unsere Vernunft uns
nicht dagegen verteidigen kann.
Gute Nacht!
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen