von Arthur Schopenhauer
Was einer in sich ist
und an sich selber hat; kurz die Persönlichkeit und deren Wert, ist das
alleinige Unmittelbare zu seinem Glück und Wohlsein. Alles andere ist
mittelbar; daher auch dessen Wirkung vereitelt werden kann, aber die der
Persönlichkeit nie. Darum eben ist der auf persönliche Vorzüge
gerichtete Neid der unversöhnlichste, wie er auch der am sorgfältigsten
verhehlte ist. Ferner ist allein die Beschaffenheit des Bewußtseins das
Bleibende und Beharrende, und die Individualität wirkt fortdauernd,
anhaltend, mehr oder minder in jedem Augenblick: alles andere hingegen
wirkt immer nur zu Zeiten, gelegentlich, vorübergehend, und ist zudem
auch noch selbst dem Wechsel und Wandel unterworfen[...]
Hierauf
beruht es, daß wir ein ganz und gar von außen auf uns gekommenes Unglück
mit mehr Fassung ertragen, als ein selbstverschuldetes: denn das
Schicksal kann sich ändern; aber die eigene Beschaffenheit nimmer.
Demnach also sind die subjektiven Güter, wie ein edler Charakter, ein
fähiger Kopf, ein glückliches Temperament, ein heiterer Sinn und ein
wohlbeschaffener, völlig gesunder Leib, also überhaupt: ein gesunder
Geist in einem gesunden Körper, zu unserm Glücke die ersten und
wichtigsten; weshalb wir auf die Beförderung und Erhaltung derselben
viel mehr bedacht sein wollten, als auf den Besitz äußerer Güter und
äußerer Ehre. Was nun aber, von jenen allen, uns am unmittelbarsten
beglückt, ist die Heiterkeit des Sinnes: denn diese gute Eigenschaft
belohnt sich augenblicklich selbst. Wer eben fröhlich ist hat allemal
Ursache es zu sein: nämlich eben diese, daß er es ist. Nichts kann so
sehr, wie diese Eigenschaft, jedes andere Gut vollkommen ersetzen;
während sie selbst durch nichts zu ersetzen ist. Einer sei, jung, schön,
reich und geehrt; so fragt sich, wenn man sein Glück beurteilen will,
ob er dabei heiter sei: ist er hingegen heiter, so ist es einerlei, ob
er jung oder alt, gerade oder bucklig, arm oder reich sei; er ist
glücklich. In früher Jugend machte ich einmal ein altes Buch auf, und da
stand: »wer viel lacht ist glücklich, und wer viel weint ist
unglücklich« – eine sehr einfältige Bemerkung, die ich aber, wegen ihrer
einfachen Wahrheit, doch nicht habe vergessen können[...]
Dieserwegen
also sollen wir der Heiterkeit, wenn immer sie sich einstellt, Tür und
Tor öffnen: denn sie kommt nie zur unrechten Zeit; statt daß wir oft
Bedenken tragen, ihr Eingang zu gestatten, indem wir erst wissen wollen,
ob wir denn auch wohl in jeder Hinsicht Ursache haben, zufrieden zu
sein; oder auch, weil wir fliehten, in unsern ernsthaften Überlegungen
und wichtigen Sorgen dadurch gestört zu werden: allein was wir durch
diese bessern, ist sehr ungewiß; hingegen ist Heiterkeit unmittelbarer
Gewinn. Sie allein ist gleichsam die bare Münze des Glückes und nicht
wie alles andere, bloß der Bankzettel; weil nur sie unmittelbar in der
Gegenwart beglückt[...]
Gute Nacht!
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