von John Gay
Ein Wolf,
wild vor Hunger und verwegen, zog plündernd in die Gegend und brach in
die Schafhürden ein. Tief im Wald lag er in Sicherheit; die
nächtlichen Raubzüge schafften ihm Nahrung für den Tag. Vergeblich
hatte der Schäfer mit wachsamer Sorge Netze ausgespannt und die
Schlinge bewacht.
Umsonst verfolgte der Hund die Spur: Der schnell
fliehende Räuber vereitelte die Jagd. Als nun einmal Flinkfuß, der Hund,
den Wald durchstreifte, stieß er durch Zufall auf das Versteck seines
Feindes.
"Lass uns für eine Weile unseren Krieg vergessen und wir Freund mit Freund unterreden!"
"Waffenstillstand?" antwortete ihm der Wolf.
"Ausgemacht."
Und
der Hund eröffnet die Verhandlung so: "Wie kann solch ein starker,
furchtloser Geist ein schwaches, wehrloses Geschöpf überfallen? Diese
Kinnladen sollten edlere Nahrung erbeuten und das Blut des wilden Ebers,
des Löwen trinken. Ein großes Herz gibt sich großzügigem Mitleid hin,
das feige Tyrannen nicht kennen.
Wie arglos ist unsere wollige Herde. Sei groß gesinnt und lass deine Milde sie schonen."
"Mein Freund," sagt darauf der Wolf, "wägen wir die Sache ab.
Die Natur hat uns zu Raubtieren geboren, und so, wenn der Hunger
über uns kommt, müssen wir Wölfe essen.
Wenn dich die Sorge um
das Wohl der Schafe wirklich brennt, dann lauf weg, such deinen Herrn
und Meister auf und wiederhole deine rührende Ansprache vor ihm:
Ein Wolf frisst Schafe hin und wieder, zehntausende werden von den
Menschen verschlungen. Ein offener Feind mag schlimm sein,
schlimmer ist ein vorgeblicher Freund."
Gute Nacht!
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen